Autor: RA Sebastian Schwiering
Die unmittelbare Kommunikation der Vereinsmitglieder untereinander ist ein elementarer Bestandteil des Vereinswesens und ein zwingend erforderliches Instrument zur Förderung eines meinungsbildenden Diskurses innerhalb des Vereins. Das Interesse der Vereinsmitglieder an der Kommunikation mit anderen Vereinsmitgliedern kann hierbei jedoch mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der anderen Mitglieder kollidieren.
Vereinsmitglieder müssen sich dennoch nicht auf die bloße Übermittlung ihrer Anliegen durch die entsprechenden Organe des Vereins beschränken lassen. Vielmehr sind die Vereine verpflichtet, die Möglichkeit der Kontaktaufnahme zu anderen Vereinsmitgliedern zu schaffen. Dies kann geschehen, indem die erforderlichen Kontaktdaten den Vereinsmitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Dabei muss letztlich die freie Auswahl der Kommunikationsmittel durch die Vereinsmitglieder gewahrt bleiben, da einzig diesen die Entscheidung obliegt, welches Mittel die Kommunikation am zielführendsten gewährleistet.
Die Rechtsprechung verortet bei den einzelnen Vereinsmitgliedern nicht nur den Anspruch gegen den Verein auf die Übermittlung von Anschriften, sondern auch zur Übermittlung von Geburtsdaten, Berufsangaben bzw. Branchen- oder Geschäftsbezeichnungen. Die Übermittlung solcher Daten berühre keine besonderen Belange der Mitglieder und des Vereins, wenn die Vereinsmitglieder in freier Entscheidung über den Eintritt in oder den Austritt aus dem Verein entscheiden können. Die Auskunft ist keineswegs daran gebunden, dass ein Mitglied ausdrücklich der Weitergabe zugestimmt hat. Bereits durch Eintritt einer Person in einen Verein entsteht ein berechtigtes Interesse anderer Vereinsmitglieder, unmittelbar mit dieser beitretenden Person in Kontakt zu treten – ohne einen Umweg über den Vorstand des Vereins.
Insbesondere bei einer großen Mitgliederzahl, bei der sich die wenigsten Mitglieder persönlich kennen, ist die weitere Darlegung des erforderlichen berechtigten Interesses „entbehrlich“. Denn nur bei Vorliegen der Mitgliederkontaktdaten ist die Möglichkeit zum erforderlichen Austausch unter den Mitgliedern überhaupt erst eröffnet. Eine aktive Betätigung eines Mitglieds im Verein bestätigt dessen Anspruch auf Übermittlung der Mitgliederkontaktdaten – und damit denknotwendig auch auf die Speicherung dieser Daten.
Im Einzelnen
Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer Datenverarbeitung bestimmt sich nach dem im Datenschutzrecht vorherrschenden Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Nach § 4 BDSG und den entsprechenden Normen spezialgesetzlicher Datenschutzregelungen sind grundsätzlich alle datenrelevanten Maßnahmen rechtswidrig, es sei denn, ein gesetzlich normierter Erlaubnistatbestand oder die Einwilligung des Betroffenen rechtfertigen sie.
Nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszweckedie zulässig, soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Entsprechendes gilt nach § 28 Abs. 2 Nr. 2a BDSG auch hinsichtlich der Übermittlung oder Nutzung für einen anderen Zweck.
Das Merkmal „berechtigtes Interesse“ umschreibt das Spannungsverhältnis zwischen der informationellen Selbstbestimmung der Betroffenen und dem Informationsbedarf Dritter.[1] Die berechtigten Interessen können dabei sowohl wirtschaftlicher als auch ideeller Natur sein.[2]
Ob und in welchem Umfang ein berechtigtes Interesse besteht, ergibt sich aus dem Vereinsrecht. Als berechtigtes Interesse könnte beispielsweise die beabsichtigte Verfolgung vereinspolitischer Ziele anzusehen sein. Dieses Interesse ist ideeller Natur, es ergibt sich aus dem Wesen des Vereins. Die vereinsrechtlichen Aspekte sind im Rahmen der datenschutzrechtlich vorzunehmenden Interessenabwägung nach § 28 BDSG maßgeblich.
Diese Interessenabwägung wurde im Vereinsrecht durch die Rechtsprechung bereits umfangreich erörtert. Es hat sich eine eindeutige Rechtsprechung ergeben, die ein berechtigtes Interesse eines Vereinsmitglieds an Kenntnis von Namen und Anschriften der übrigen Mitglieder ausdrücklich bestätigt.